Gartenbauliche Produktion in Zeiten von Corona

03. Apr 2020

Der Schweizer Produktionsgartenbau befindet sich in einer nie dagewesenen Situation. In den Zierpflanzenbaubetrieben stehen die Gewächshäuser voller Frühlingsblüher in bester Qualität – unverkäuflich. Staudenproduzenten und Baumschulen können ihre Pflanzen noch an die Gartenbauer liefern, deren Absatz an den Detailhandel ist ebenfalls gleich NULL.

Die Entscheidung des Bundesrates, alle Detailhandelsbetriebe bis zum 19. April 2020 zu schliessen, hat nicht nur auf den Verkauf, sondern auch auf die Produktion von Schweizer Blumen und Pflanzen einschneidende Auswirkungen; auch bei unseren Berufskollegen in Deutschland, Österreich, den Niederlanden usw. muss ein Grossteil der Frühlingspracht mit Baggern auf den Kompost verfrachtet werden.

Frühlingsblüher müssen im grossen Stil entsorgt werden. © Marathon Flowers
Frühlingsblüher müssen im grossen Stil entsorgt werden. © Marathon Flowers

Immense wirtschaftliche Herausforderungen

Von Mitte März bis Mitte Juni werden in den Betrieben der grünen Branche die Rücklagen gebildet, welche den Betrieben das Überleben bis im November sichern. Das ist eine seit Jahrzehnten bekannte Gärtner-Weisheit. Anstatt nun aber gute Umsätze zu generieren, werden derzeit in der gesamten Schweiz Millionenwerte vernichtet.

Während Mitte März der Absatz von Pflanzen und Gartenbedarf in Gartencentern und Baumärkten sehr gut anlief, brachte das verordnete Verkaufsverbot per 17. März nahezu alles zum Erliegen. Die Grossverteiler hatten zunächst noch die Vermutung, dass sie Pflanzen in ihren Lokalen weiterhin verkaufen dürfen. Dieser Lichtblick für die Pflanzenproduzenten war jedoch sehr kurz, auch die Grossverteiler mussten ihr Sortiment auf den täglichen Bedarf reduzieren.

Dadurch kamen die Produktionsbetriebe in Bedrängnis; die Absatzkanäle und damit die wirtschaftlichen Grundlagen wurden ihnen fast von einem Tag auf den anderen entzogen. Inzwischen wachsen in den Gewächshäusern die Pflanzen für Ende April und Mai heran und benötigen mehr Platz. Es bleibt den Produzenten nichts anderes übrig, als die unverkäuflichen Frühlingspflanzen massenweise zu entsorgen. Gleichzeitig laufen die Kosten für Betriebsmittel und die Fixkosten weiter, und die heranwachsenden Kulturen wollen gepflegt und betreut sein. Somit ist Kurzarbeit nur bei einem Teil der Belegschaft überhaupt möglich. Doch: «Wenn wir jetzt nicht weiterkultivieren, fällt der Verkauf für das ganze Jahr aus», fasst Carlo Vercelli, Geschäftsführer des Branchenverbandes Jardin Suisse, die Situation zusammen, «und die Katastrophe wäre noch grösser.»

Die Pflanzenkulturen für die kommenden Wochen werden jetzt schon intensiv betreut.
Die Pflanzenkulturen für die kommenden Wochen werden jetzt schon intensiv betreut.
Die Pflanzenkulturen für die kommenden Wochen werden jetzt schon intensiv betreut.

Retten, was zu retten ist…

Nun sind wir bereits in der vierten Woche des Lockdowns. Viele Detailhändler haben ihre Online-Aktivitäten verstärkt, kreative Verkaufsideen und unkonventionelle Vermarktungskonzepte sind entstanden. Die Kunden fühlen sich ihrer lokalen Gärtnerei und dem Gartencenter verbunden und bestellen auch per Telefon oder E-Mail. Es wird mit viel Aufwand an die Privatkunden ausgeliefert und/oder alternative Abholsysteme auf die Beine gestellt. So war z.B. im Kanton Aarau von einem Betrieb zu lesen, der mit einem Drive-Through ein besonderes Dienstleistungsangebot (für Lebensmittelpflanzen) realisiert hat. Doch trotz all dieses Engagements der Verkaufsgärtner werden wohl lediglich 10 – 15 % der Umsätze erzielt werden, von denen sonst in diesem Zeitraum ausgegangen werden kann.

Die grüne Branche ist von der Krise auf aussergewöhnliche Weise betroffen. Das unterstreicht auch Jardin Suisse, und der Verband fordert staatliche Hilfe. «Wir rechnen damit, dass wir ohne eine direkte und nicht rückzahlbare Finanzhilfe rund 60 Prozent der Betriebe verlieren weden und damit viele Arbeitsplätze», so Carlo Vercelli gegenüber Radio SRF. Betroffen wären mehrere Tausend Gärtnerinnen und Gärtner im ganzen Land.

Vieles ist nun abhängig von der Frage, ob ab dem 20. April der Verkauf von Pflanzen im Detailhandel wieder erlaubt sein wird. Die hervorragende Disziplin der Schweizer Bürgerinnen und Bürger, sich an die Vorgaben des Bundes zu halten und die Ausbreitung des Virus einzuschränken, lässt uns zumindest hoffen…

Wir wünschen Ihnen, Ihren Mitarbeitenden und Ihren Familien Gesundheit und Optimismus und bedanken uns für Ihre Solidarität.

Die grüne Branche ist darauf angewiesen, die Pflanzen zu kostendeckenden Preisen verkaufen zu können – diesen Frühling ganz besonders.
Die grüne Branche ist darauf angewiesen, die Pflanzen zu kostendeckenden Preisen verkaufen zu können – diesen Frühling ganz besonders.
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